Wie viel Abwechslung braucht dein Training wirklich?
„Du musst deine Muskeln schocken! Der Körper gewöhnt sich an die Belastung. Immer neue Reize setzten! Wenn du nicht immer wieder deine Übungen variierst, wirst du keine Fortschritte mehr machen. Dein Körper braucht Abwechslung.“ – Schon mal gehört? Diese und ähnliche Sprüche kannst du in Fitnessstudios und Muckibuden Land auf, Land ab hören. Aber wie viel Wahrheit steckt dahinter?
Aller Anfang ist schwer
Es stimmt auf jeden Fall, dass dein Körper sich mit der Zeit an Belastung gewöhnen kann und Tätigkeiten, die dich anfangs geplättet haben, später für dich nur noch Kindergarten sind. So wird dir die erste lange Radtour einen wunden Hintern, erschöpfte Müdigkeit und schmerzende Beine einbringen. Machst du aber häufiger solche Ausflüge, wirst du irgendwann auch mal dazu in der Lage sein, die Landschaft zu genießen, anstatt immer nur keuchend über deinem Fahrradlenker zu hängen.
Genauso beim Krafttraining: Sauberes Bankdrücken mit 40 kg war vielleicht am Anfang deiner Zeit am Eisen undenkbar, aber nach und nach geht immer mehr und irgendwann kannst du dein Körpergewicht stemmen. Dein Körper passt sich an und er wird stärker.
Was „stärker werden“ bedeutet.
Dieses „stärker werden“ setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Zum einen kannst du die trainierten Bewegungen besser ausführen. Das ist wie beim Fahrrad-Fahren-Lernen. Mit der Zeit sind Gleichgewicht und Lenken kein Problem mehr und du kannst ordentlich in die Pedale treten. Genauso verbessert sich z.B. beim Kniebeugen das Zusammenspiel deiner Muskeln, die an der Bewegung beteiligt sind. Das nennt man intermuskuläre Koordination. Je weniger Kraft du darauf verwenden musst, falsche bzw. ineffiziente Bewegungen auszugleichen, umso mehr kannst du dich darauf konzentrieren, schwerere Gewichte zu stemmen.
Schwerere Gewichte kannst du bewegen, wenn du nach und nach lernst, deinen Muskel „stärker anzuspannen“. Das bedeutet, dein Körper lernt bei einer Bewegung mehr Muskelfasern auf einmal zu kontrahieren und ein und derselbe Muskel erzeugt mehr Kraft, als er das tun würde, wenn weniger Muskelfasern arbeiten würden. Diese Effizienzsteigerung deiner Muskeln nennt man intramuskuläre Koordination. Und da kommt das gute alte Muskelwachstum noch dazu. Je dicker deine Muskelfasern sind, umso mehr Kraft können sie erzeugen. Wenn du also dicke Muskeln hast und die auch noch stark anspannen kannst, gehen die Gewichte deutlich nach oben.
Mehr über die Faktoren, die deine Kraft beeinflussen, kannst du in diesem Artikel lesen
Mach es nicht zu kompliziert!
Jetzt gibt es die Auffassung, vor allem aus dem Bodybuilding/Fitness-Lager, dass eine konstante Variation deiner im Training verwendeten Übungen und eine von deiner „Intuition“ geleitete Trainingszusammenstellung wichtig sei, um deine Muskeln „zu schocken“ und wachsen zu lassen. Aber unabhängig davon, ob du primär deine Kraft oder deine Muskelmasse steigern willst (geht bei den meisten zu Beginn ihrer Trainingskarriere eh Hand in Hand), deine Muskeln reagieren nur auf einen einzigen Reiz: Höhere Belastung!
Und diese höhere Belastung gibt es nur in drei Geschmacksrichtungen:
häufigeres Training,
mehr Wiederholungen pro Trainingseinheit
oder schwerere Gewichte.
Wenn du dagegen immer wieder die Übungen wechselst und z.B. einmal Kniebeuge, einmal Beinpresse und einmal Beinstrecken machst, dann macht dich das nicht stärker. Vielmehr musst du die Bewegung neu lernen (siehe das Thema intermuskuläre Koordination oben). Aber sobald du die drauf hast (und so kompliziert sind Hantelübungen nun auch nicht), heißt es: höhere Belastung. Sonst tut sich bei deinen Muskeln gar nichts. Wechselst du aber in der nächsten Trainingseinheit die Übung, dann bist du keinen Schritt weiter gekommen.
Den Kern deines Trainings müssen also immer große Mehrgelenksübungen wie Kniebeuge, Überkopfdrücken (in irgendeiner Form), Kreuzheben, Bankdrücken etc. bilden. Und zwar in jeder Trainingseinheit. Denn nur mit denen lässt du viele Muskeln über einen großen Bewegungsumfang arbeiten. Und du musst dich darum bemühen, die Belastung in diesen Übungen immer höher zu schrauben, damit du stärker werden kannst.
Die 3 Formen der Abwechslung
Volumen
Wie oben beschrieben kannst du die Belastung für deine Muskeln durch mehr Wiederholungen erhöhen. In den wichtigen Grund- bzw. Mehrgelenksübungen willst du aber mit den Wiederholungen innerhalb eines Satzes nicht zu hoch gehen, da du dann nicht mehr primär deine Maximalkraft im Visier hast. Also heißt es mehr Sätze mit niedrigen Wiederholungen machen.
Eine andere Möglichkeit ist es, dieselbe Übung in jeder Trainingseinheit zu machen
Oder du erhöhst die Anzahl der Übungen innerhalb einer Trainingseinheit und machst z.B. zusätzlich zum Kreuzheben noch ein paar Sätze rumänisches Kreuzheben, Rückenstrecken und Kugelhantelschwünge. So kommen auch mehr Wiederholungen zusammen.
Wichtig ist, dass du es nicht einmal so und einmal so machst. Vielmehr profitiert dein Training davon, langsam nach und nach, von Trainingseinheit zu Trainingseinheit, das Volumen zu erhöhen und dann über mehrere Monate konstant zu halten und einen der anderen beiden Faktoren zu steigern.
Frequenz
So kannst du auch die Anzahl der Trainingseinheiten pro Woche erhöhen. Du trainierst zweimal die Woche und du wirst nicht mehr stärker? Dann trainier drei Mal die Woche und schau was passiert! Im Endeffekt stockst du so auch das Volumen deiner Übungen auf oder, wenn deine Trainingseinheiten dir zu lang werden, verteilst die Arbeit auf mehrere Tage. Meist hast du selbst in letzterem Fall unterm Strich mehr Arbeit geleistet als vorher. Egal wie, Hauptsache die Belastung geht nach oben.
Intensität
Und jetzt sind wir bei der grundlegendsten und wichtigsten Variablen deines Krafttrainings: dem Gewicht. Die konstante Steigerung der Gewichte, die du bei einer Übung stemmst (bei gleichbleibender Wiederholungszahl), ist der sicherste Weg um stärker zu werden. Erst wenn du die schwereren Gewichte nicht mehr mit der angestrebten Wiederholungszahl schaffst, dann kannst du dich daran machen, Volumen und Frequenz zu erhöhen.
Es ist eigentlich recht einfach
Das tolle ist, als Anfänger musst dich nur um die Intensität kümmern. Mach immer die selben Übungen mit der selben Anzahl an Sätzen und Wiederholungen (z.B. 5×5 wie in der Eisenheldengrundausbildung ) und steigere in jeder Trainingseinheit das Gewicht auf der Hantel um ein paar Kilogramm. Fertig!
Je fortgeschrittener du als Sportler wirst (egal in welcher Sportart), umso durchdachter muss dein Training werden. Bei Kraftdreikämpfern z.B. macht es ab einem gewissen Leistungsniveau Sinn, Trainingsphasen einzubauen, in denen du mit höheren Volumen und niedrigerer Intensität arbeitest, oder Phasen in denen an der Technik gefeilt wird oder es gibt die letzten Wochen direkt vor einem Wettkampf, in denen du dich darauf konzentrierst, die Gewichte maximal nach oben zu treiben, ohne dich zu verletzten. Das geht so weit, dass die echten Profis konstant Sorge tragen müssen, ihre Trainingsbelastung so hoch wie nötig zu halten, um noch stärker werden zu können, aber niedrig genug, um sich nicht zu verausgaben und ihren Fortschritt zu behindern.
Es kann Sinn machen zu tauschen
Es gibt aber Gründe, einige deiner Übungen gegen andere zu tauschen:
Wenn du verletzt bist, dann schmeißt das meist dein ganzes Training über den Haufen und wenn du überhaupt trainieren kannst, dann musst du sehen, welche Übungen du ohne Schmerzen ausführen kannst. Und da kann es durchaus vorkommen, dass viele der Mehrgelenksübungen gar nicht oder nur in Abwandlung machbar sind.
Weiterhin kann es sein, dass du, vor allem als fortgeschrittener Athlet, an Teilaspekten der großen Übungen arbeiten willst, weil du z.B. im oberen Teil des Kreuzhebens (kurz vor der dem Aufrechtstehen) Probleme hast das Gewicht zu bewegen. Dann planst du evtl. Kreuzheben von Blöcken ein, um in diesem Teil der Bewegung stärker zu werden. Aber das passiert alles zusätzlich zu den Grundübungen.
Genauso wie du neben den essentiellen Mehrgelenksübungen diverse kleinere (sog. Assistenz-) Übungen machen kannst, die dir helfen sollen, die Muskeln in einem Körperteil wachsen zu lassen. So ist es nie verkehrt, sich um einen breiten und dichten oberen Rücken zu bemühen: Aufrechtes Rudern, vorgebeugtes Rudern mit Lang- oder Kurzhantel oder schweres Rudern am Kabelzug könnten dann alle Teil deines Trainings sein. Nach ein paar Monaten entscheidest du dann vielleicht, dass du den Fokus bei deinen Assistenzübungen auf einen anderen Bereich lenken willst und beackerst ein halbes Jahr lang deine Bauch- und Rumpfmuskeln, um eine stabilere Basis für die großen Übungen zu entwickeln.
In jeden Fall vollziehst du diese Übungswechsel bewusst und zielgerichtet. Der nächste Wechsel in der Übungszusammenstellung kommt erst, wenn dein Ziel erreicht ist oder es notwendig wird. Und die ganze Zeit bleibt der Kern deines Trainings stabil: Grundlegende Mehrgelenksübungen mit schwerem Gewicht!
Richard 8. Juli 2016 um 09:13 Uhr
Eine schöne Seite, Max!
Grundsätzliches zum effektiven Training sympathisch zusammengefasst. ??
Gefällt mir.
Gruß
Richard
Max 12. Juli 2016 um 12:07 Uhr
Danke für deinen Kommentar und das Lob. Das motiviert!
MAx.
Alex 12. Juli 2016 um 21:40 Uhr
Sehr guter und ausführlicher Artikel, der Anfänger einen guten Einstieg gibt und aufklärt, wie, was & wieso es so ist 😉
Beste Grüße,
Alex
Max 13. Juli 2016 um 11:09 Uhr
Hhi Alex,
danke für das Lob, freut mich, wenns gefällt.
Gruß, Max.
Tina 27. Oktober 2016 um 17:48 Uhr
Hallo , Eure Wb ist super und ich freue mich !!!;-)
Alles gute Tina
Sven 11. Juni 2017 um 18:04 Uhr
Moin
Tolle Seite. Tolle Erklärungen. Einfach und verständlich.
Auch der Shop gefällt. Aber wo sind die Pullover und die Hosen? ?
Jürgen 2. Januar 2018 um 10:48 Uhr
Motiviert mich!
Zum trainieren gehört nämlich auch die richtige Ansprache!!!
Und werde weiss kann nur bestätigen das das wichtigste das „überhaupt loslegen“ ist. 🙂
PS: aktualisiert Mal wieder eure Site…. Lasst euch mehr blicken und gebt uns doch nötigen Arschtritte :))
Greetz … Jürgen
Kartoffel 9. August 2020 um 17:20 Uhr
Cringe
Christian 12. November 2020 um 22:17 Uhr
Hallo Max
Du hast einen coolen Blog! Ich habe da noch eine Frage: Empfiehlst du es, nach ein paar Monaten von einem Split Trainingsplan auf einen Ganzkörperplan zu wechseln oder umgekehrt (um das Training zu variieren)?
Liebe Grüsse
Christian
Max 13. November 2020 um 16:43 Uhr
Hi Christian,
herzlichen Dank für das Lob. Zu deiner Frage: ganz allgemein gesprochen empfehle ich, so lange mit deinem wie auch immer gearteten Trainingsplan weiter zu machen, wie du besser wirst (= mehr Gewicht bei gleicher Anzahl Wiederholungen). Erst wenn das nicht mehr der Fall ist, mußt du was verändern. Und dann ist Volumen wichtiger als Ganzkörper- oder Splitplan, sprich mehr davon: An einigen Tagen die Grundübungen z.B. mit 6×6 machen statt 5×5 (je nachdem welches Satz/Wdh-Schema du benutzt hast). Oder 4x die Woche tranieren statt 3x.
Je fortgeschrittener du wirst, um so sinnvoller kann es sein Variationen der Grundübungen zu nutzen (z.B. Romänisches Kreuzheben statt noramles Kreuzheben). Die sind so ähnlich wie die Grundübungen, zwingen dich aber weniger Gewicht zu verwenden. So kannst das Volumen hoch halten ohne dich zu sehr zu erschöpfen.
Also erstmal mit dem was du machst, so lange weiter machen, bis kein Fortschritt mehr möglich ist, dann Gedanken darüber machen, was geändert werden muss.
Christian 15. November 2020 um 21:08 Uhr
Hallo Max
Danke für die Antwort! Okay, das ist auf jeden Fall gut zu wissen, dass man mehr am Volumen arbeiten soll.
Liebe Grüsse
Christian